27. November 2011
Startseite > Aktuelles > 25 Jahre Pfarrer Metzler
Wie viele Menschen haben Sie in den 25 Jahren in St. Josef getauft?
Lassen wir uns mal hochrechnen, es sind etwa fünfzig im Jahr, also tausend Taufen können hinkommen.
Frage ich mal andersrum, wie viele Menschen haben Sie beerdigt?
Das sind weniger, denn während ich die Taufgottesdienste alle selbst halte, verteilen sich die Beerdigungen auf den Kaplan, priesterliche Mitarbeiter und Diakone. Ansonsten sind Taufen und Beerdigungen gerade beinahe ausgeglichen.
Würden wir nun eine Zählsorge, statt Seelsorge betreiben, stellen wir fest: Es werden weniger.
Taufen sind es mehr, Erstkommunionkinder sind es mehr, Trauungen sind mehr – aber wir fingen vor 25 Jahren auf einem sehr niedrigen Niveau an, weil wir in die Gemeinde Schritt für Schritt erst wieder junge Familien bekommen haben. Wir waren überaltert. Mittlerweile ist das anders, Bornheim war ja jüngst auch der geburtenstärkste Stadtteil Deutschlands.
Inwiefern ist also eine junge Gemeinde auch ein eigener Erfolg?
Der eigene Erfolg ist das nicht, aber die Gemeinde hat im Laufe der Jahre ein bestimmtes Profil bekommen. Sie hat sich gewandelt von einer reinen Territorialgemeinde zu einer Personalgemeinde. Mit „personal“ meine ich nicht, hin auf den Pfarrer bezogen. Man geht nach St. Josef, weil dort eine bestimmte Atmosphäre ist. Dort ist es menschenfreundlich, es gibt eine bestimmte Zuwendung zu Kindern und jungen Familien und da sagen die Leute, da fühle ich mich angesprochen.
Also doch ein eigenes Werk!
Das wäre nicht gerecht. Natürlich hat der Pfarrer eine prägende Funktion, im positiven wie im negativen Sinne, aber alleine kann er nichts machen. Er braucht die Mitarbeiter, er braucht die Ehrenamtlichen, und wenn da kein Team ist, dann geht es nicht. Da kann der Pfarrer machen was er will, dann entsteht keine geschwisterliche Atmosphäre.
Inwiefern unterscheiden sich die Herausforderungen an einen Pfarrer vor 25 Jahren und heute?
Ich weiß nicht, ob die so verschieden sind. Die Herausforderungen sind nach wie vor, dass sich die Menschen vom Pfarrer ernst genommen wissen wollen, dass man sich ihnen zuwendet, wenn sie entsprechend Nöte und Sorgen haben. Sie erwarten nach wie vor einen lebendigen Gottesdienst und sie erwarten in den ganzen strukturellen Veränderungen, dass das ganze sehr kommunikativ geht. Die Leute wollen sich nicht behandeln lassen, sondern sie wollen mithandeln. Das war vor 25 Jahren im Grundzug genau gleich gewesen.
Aber ein Pfarrer hat immer mehr Aufgaben?
Ja. Ich habe hier in einer Gemeinde angefangen, die gewohnt war zu sagen „Was der Pfarrer sagt, wird gemacht!“ Wir mussten die synodale Schiene wirklich beleben. Wir mussten viele Veränderungen, die woanders bereits selbstverständlich waren, neu anfangen. Zum Beispiel Messdienerinnen oder Kommunionhelferinnen – Frauen durften ja nicht am Altar stehen. Wir mussten das Pfarrhaus, die Kirche, das Gelände sanieren, weil 25 Jahre lang bei einem sehr sparsamen Pfarrer, der sehr viel in die Mission gesteckt hat, wenig gemacht worden ist.
Und es hat sich dann noch viel verändert mit der Fusion und, dass ich Seckbach mit übernommen habe. Und für mich persönlich sind in den Jahren immer noch ein paar Aufgaben hinzugekommen, ob das der ständige Vertreter des Stadtdekans gewesen ist, oder Dekan oder ob es die Aufgaben in Limburg sind. Am Anfang habe ich eben nur auf diese Gemeinde geguckt und bin mit ihr in das Heute gegangen, aber Schritt für Schritt muss auch die Gemeinde lernen, dass ich nicht nur für sie da bin.
Sind sie zu viel Manager?
Nein, das würde ich nicht sagen. Es fällt mir nicht schwer, Dinge zu organisieren oder etwas auch ziemlich klar anzusprechen? Aber Manager im Sinne von einer seelenlosen Maschine bin ich bestimmt nicht, aber das muss ich die Leute fragen: Wenn die sagen, wir erleben unseren Pfarrer mehr als Manager denn als Mensch oder als Seelsorger und Priester. Ich meine, ich bin es zumindest nicht.
Wenn der Pfarrer quasi im Hamsterrad von Termin zu Termin eilt, bleibt dann manchmal der Glaube, die Mission, der Kern, das Religiöse auf der Strecke?
Es wird eher herausgefordert in dem Sinne, dass ich sage, warum mache ich das Ganze denn? Ich mache es doch aus meinem Glauben heraus und als Dienst an dem Menschen. Die Weitergabe des Glaubens geschieht doch nicht nur durch die Predigt. Weitergabe des Glaubens geschieht doch auch da, wo man Alltagsaufgaben in so einer Gemeinde löst.
Wann finden Sie denn für sich Ihren ruhigen Moment?
Für mich ist es sehr schön, dass ich im Pfarrhaus nicht alleine lebe, dass hier noch andere sind. Irgendwann spät am Abend sitzen wir zusammen und können noch was essen, ein Glas Wein trinken und vom Tag erzählen. Das finde ich sehr entspannend, dass ich nicht wie ein Einzeller mit all dem, was sich so an Eindrücken am Tag gesammelt hat, einsam da sitze. Außerdem kann ich ganz gut abschalten. Ich kann eine viertel Stunde überhaupt nichts machen, einfach leer laufen. Entspannung ist es auch, wenn ich von Frankfurt nach Limburg mit dem Auto eine dreiviertel Stunde unterwegs bin. Ich kann alles abschalten und fahre nur Auto. Ruhe finde ich auch bei der Vorbereitung auf die Sonntagsgottesdienste, das ist für mich eine Zeit, die nehme ich mir. Und wichtig ist mir der Jahresurlaub.
Es gab viele Struktur-Veränderungen, Nun ist die eine Fusion gerade verdaut, jetzt kommt die nächste schon. Manche fragen sich viele: Muss die sein?
Das nächste ist keine Fusion, so wie sie 2007 gewesen ist. Die „Pfarreien neuen Typs“ werden ganz anders sein. Jede Pfarrkirche im Osten Frankfurts wird als Ort kirchlichen Lebens erhalten bleiben und dort Gemeinde sein. Und diese schließen sich zusammen zu einer neuen Kirchengemeinde, wo dann ein Pfarrer sitzt. Ich glaube, die Ängste der Leute sind sehr unberechtigt. Die Gläubigen nehmen ab, das Geld nimmt ab, die hauptamtlichen pastoralen Mitarbeiter nehmen ab, die Priester nehmen ab. Also müssen wir doch versuchen, neue Formen des Zusammenlebens in der Kirche auszuprobieren. Ich bin gerne bereit, diesen Weg des Pfarreiwerdens noch mitzugehen, und dann würde ich gerne in den Ruhestand gehen.
Inwiefern besteht denn die Gefahr, den Mitgliederrückgang zu beschleunigen, wenn Gemeinde in der Fläche verschwindet?
Also die Pfarrei soll nicht in der Fläche verschwinden. Es sollen bestimmte Aufgaben zentralisiert werden, wenn die Gemeinden
einfach zu klein und zu schwach geworden sind, zum Beispiel Kirchenbücher, Karteien oder Büros. Dann können vor Ort in Fechenheim, in
Riederwald und Seckbach Hauptamtliche für andere Aufgaben mit zu Verfügung stehen. Nach Möglichkeit soll eine Eucharistiefeier in
jeder dieser ehemaligen Pfarrkirchen sein.
Es wäre also ein Missverständnis zu sagen, wir gehen aus der Fläche raus. Wenn wir in einer
Pfarrei einen halben Pfarrer und einen halben pastoralen Mitarbeiter haben, und die müssen von der Erstkommunion bis zur Beerdingung
und Pastoralgespräche alles machen, das geht gar nicht mehr. In der neuen Pfarrei aber kann man sich aufteilen. Da kann man sagen, der
eine ist eher kreativ, da entwickeln sich Chancen, dass man mehr Profil bekommen kann. Also ich sehe die Chancen. Es ist für die Leute
eine Riesenumgewöhnung. Und es wird viele Leute geben, das sagen, sie wollen nichts Neues mehr. Aber vielleicht gewinnen wir auch neue
hinzu. Die Chancen brauchen manchmal Zeit, das sieht man in der Meditationskirche, die von vielen neuen Leuten besucht wird. Das geht
nicht von heute auf morgen.
Eine solche Mammutaufgabe mit 67 Jahren zum Schluss als Finale anzunehmen, war das schwierig? Sie hätten es sich ja auch leichter machen können.
Nein, das war überhaupt nicht schwierig. Ich habe nie geplant, ich habe auch nicht geplant, jetzt oder in drei Jahren in Ruhestand zu gehen. Ich kann aber für die 25 Jahre hier sagen, dass ich immer ganz da war. Ich habe nie Karriere geplant oder nie gesagt, als nächstes möchte ich mal genau das machen. Wo ich war, hatte ich immer mit Menschen zu tun und mit der Weitergabe des Lebens des Glaubens, und das hat mich immer so erfüllt, das ich sagen konnte: ich hatte nie eine Planung. Die Dinge fallen immer mir zu. Dass diese Fusion kam, hätte ich nie gedacht. Dass jetzt die Pfarrei neuen Typs kommt, hätte ich vor 15 Jahren nicht gedacht. Aber ich kann sagen: Ich halte es für sinnvoll. Das ist für mich nicht das große Finale. Denn selbst wenn ich in den Ruhestand gehen darf, heißt es ja nicht, dass ich kein Priester mehr bin und dass ich nicht mehr Seelsorge betreibe. Es fällt dann lediglich die Leitungsverantwortung ab, und da freue ich mich drauf.
Wenn Sie gehen, gibt es dann einen harten Schnitt?
Also ich habe nicht darüber nachgedacht, aber ich würde mit Sicherheit nicht ständig hier irgendwo rumhängen wollen. Denn wenn hier ein neuer Pfarrer kommt, dann braucht er auch Freiraum. Ich kann mich sehr zurückhaltend an die zweite, dritte oder fünfte Stelle setzen, da hätte ich überhaupt kein Problem. Aber ich denke, ich würde gerne im Raum Frankfurt bleiben. Aber wenn der Bischof sagen würde, es gäbe da ein Riesenaltersheim in Montabaur, da ist eine wunderschöne Wohnung, könnten Sie da nicht leben, dann würde ich das auch überlegen.
Bergen 25 Jahre in einer Gemeinde nicht die Gefahr, dass sich Pfarrer und Gemeinde zu sehr aneinander gewöhnen und wäre da nicht sogar eine Höchstdienstzeit zu überlegen?
Ja sicher! Es gab früher im Bistum die Empfehlung, man solle ungefähr zehn Jahre und nicht länger in einer Pfarrei sein. Die aktuelle personelle Entwicklung der letzten Jahre hat das obsolet gemacht, die Gefahr besteht tatsächlich. Und das ist für eine Gemeinde schwer, sich umzugewöhnen, ganz klar. Aber da sehe ich auch eine Verantwortung. Es wird jemand völlig anderes nachkommen. Ich glaube nicht, dass die Leute wirklich so blind oder so auf eine Person fixiert sind, dass sie deshalb etwas anderes blockieren. Dann hätte ich etwas falsch gemacht.
Bitte vervollständigen Sie nach den offenen Fragen folgende Satzanfänge:
Papst Benedikt XVI ist ein...
...großer Theologe, ein sehr demütiger und bescheidener Mann, vor dem ich viel Achtung habe. Ich würde mir wünschen, dass er manche
neue Schritte gehen würde. Aber ob ich die mit über 80 noch gehen könnte?
Der schönste Tag in 25. Jahren St. Josef war...
...ich wüsste keinen „schönsten“ Tag. Es waren so viele schöne gewesen. Und es ist insgesamt, wenn der Begriff „schön“ taugt, schön
hier, weil es niemals in den 25 Jahren irgendeinen bösartigen Konflikt gab.
Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst...
...ich kann sehr offen mit dem Bischof umgehen. Er hat mir den Caritas-Verband in schwieriger Situation anvertraut und nicht alles,
was ich mit dem Bischof bespreche würde ich öffentlich besprechen wollen.
Dass es die traditionelle Bratwurstbude nicht mehr gibt...
...soll nicht mehr lange so bleiben. Ab 1. Dezember kommt wieder eine.
Wenn ich bete, dann...
...werde ich ganz, ganz ruhig. Ich bete ganz selten für mich, aber es kommen mir ganz oft Menschen in den Kopf, mit denen ich hier zu
tun habe oder bei der Caritas oder sonst wo.
Wenn jemand aus der Kirche austreten möchte...
...wenn er will, würde ich gerne von ihm hören, warum, was ihn dazu bewegt. Ich kann mir viele Gründe vorstellen, wo ich gut verstehen
kann, dass die austreten und bei anderen sage ich, das wäre mir viel zu oberflächlich.“
Beschreiben Sie sich zum Schluss in einem Satz!
Den Menschen zugewandt, mit einem ganz großen Grundvertrauen Gott gegenüber und einer ganz aus meinem Glauben begründeten positiven
Sicht von Mensch, Welt und Leben ohne die Probleme leugnen zu wollen.
Das Gespräch führte Benjamin Holler
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